Hypertrophisch-spezifisches Training. Mit diesem Begriff können die wenigsten etwas anfangen – dabei ist diese Trainingsmethode eine der wirkungsvollsten, wenn es um den Aufbau von Muskelmasse geht.
Es ist auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse über Hypertrophie, also das Wachstum der Muskelzellen, zugeschnitten. Der Erfinder Bryan Haycock entwickelte es anhand verschiedener Studien über Hypertrophie, da er mit herkömmlichen Bodybuilding-Methoden keine nennenswerten Ergebnisse erzielen konnte.
Er hatte es nie geplant, aber mit dem HST hat er eine der verbreitetsten Trainingsmethoden für den Muskelaufbau geschaffen.
Grundlagen
Das Hypertrophic Specific Training basiert auf sogenannten Mikrozyklen. Jeder dieser kleinen Trainingsabschnitte dauert zwei Wochen, insgesamt gibt es 4 davon.
In den ersten 2 Wochen wird die Kraftausdauer trainiert, in den darauf folgenden beiden Wochen liegt der Fokus auf der Hypertrophie, Woche 5 und 6 sind für die Maximalkraft eingeplant. Wenn diese drei Trainingsphasen abgeschlossen sind, wird eine zwei Wochen lange Pause eingelegt, um zu regenerieren und Übertraining vorzubeugen.
Unterschieden werden die verschiedenen Phasen allein durch die Anzahl der Wiederholungen pro Satz: Für die Kraftausdauer werden 15, für Hypertrophie 10 und für die Maximalkraft 5 Wiederholungen durchgeführt.
Diese ständige Veränderung verhindert, dass sich deine Muskeln an die Belastung gewöhnen und sorgt in Verbindung mit stetig steigenden Gewichten für immer neue Reize.
Ein weiterer wichtiger Grundsatz verbietet Split-Training: Da die Muskeln nur 48 bis 72 Stunden benötigen, um sich vollständig zu regenerieren, muss jeder Muskel drei mal in der Woche trainiert werden.
Um das gewährleisten zu können, setzt das HST auf ein Ganzkörperworkout, für jede Muskelgruppe werden ein bis zwei Übungen mit je ein bis zwei Sätzen durchgeführt. Es wird aber nie bis zum Muskelversagen trainiert, da du sonst die Regeneration bis zur nächsten Einheit nicht sicherstellen kannst.
Zwischen den Trainingstagen sind die Pausentage strikt einzuhalten, was auch in den vier Regeln (siehe unten) verdeutlicht wird.
Regeln
Ähnlich wie beim HIT sind auch beim HST feste Regeln vorgeschrieben. In diesem Fall schreibt Haycock vier konkrete Punkte vor, an denen du dich orientieren kannst.
Mechanical load (Mechanische Belastung)
Als Grundlage allen Muskelaufbaus sieht auch Haycock schwere Gewichte. Dem Körper muss ein ausreichend großer Reiz gesetzt werden, damit dieser Muskeln aufbaut. Im Gegensatz zu anderen Methoden wird beim Hypertrophic Specific Training jedoch nicht bis zum Muskelversagen trainiert.
Um viele Muskelfasern anzuregen, darf das Trainingsgewicht nie reduziert werden. Im Zweifelsfall führe deshalb lieber eine Wiederholung weniger aus, als das Gewicht zu senken.
Frequent load (häufige Belastung)
Wie bereits in den Grundlagen beschrieben, werden drei Ganzkörpereinheiten pro Woche durchgeführt.
Warum?
Weil laut einiger von Haycock ausgewerteter Studien der Muskelaufbau bereits nach etwa 48 Stunden abgeschlossen ist – wird anschließend kein neuer Reiz gesetzt, bildet sich die aufgebaute Masse wieder zurück.
Im Gegensatz zu Split-Trainingsplänen wird häufiger trainiert, wodurch häufiger ein Trainingsreiz gesetzt werden kann – einer der großen Vorteile des HST.
Progressive load (progressive Belastungssteigerung)
Dieser Punkt sollte dir als Kraftsportler einleuchten: Das Trainingsgewicht muss immer wieder erhöht werden, um dem Körper Anlass zum Muskelaufbau zu geben. Beim HST wird dieser Grundsatz auf die Spitze getrieben:
Nach Möglichkeit sollte das Gewicht bei jeder Einheit um etwa 5% gesteigert werden.
Strategic deconditioning (Strategische Dekonditionierung)
Komplizierter Name, einfaches Prinzip: Durch die hohe Trainingsfrequenz ist es unbedingt nötig, Trainingspausen einzuhalten.
An Ruhetagen ist deshalb nicht mehr als 40 Minuten lockeres Cardiotraining erlaubt, die Gewichte bleiben liegen.
Noch wichtiger ist allerdings der vierte Mikrozyklus: Die Wochen 7 und 8 sind komplett trainingsfrei. Das klingt auf den ersten Blick sehr kurios, hat aber zwei wichtige Gründe:
Zum einen wird s Übertraining vorgebeugt, welches sonst aufgrund der hohen Trainingshäufigkeit fast unumgänglich wäre. Und zum anderen kannst du fest damit rechnen, am Ende der sechsten Woche ein Plateau zu erreichen. Um dieses zu überwinden, wirken zwei Wochen Pause Wunder.
Vorteile
Der große Vorteil des HST ist, dass es komplett auf wissenschaftliche Erkenntnisse ausgerichtet ist. So ist keine unmenschlich hohe Intensität notwendig.
Stattdessen wird mit moderater Intensität und großer Trainingshäufigkeit ein Wachstumsreiz gesetzt. So ist es für jeden Sportler möglich, nach dieser Methode Muskeln aufzubauen.
Erleichtert wird das ganze durch die klaren Regeln: Wer diesen Artikel gelesen hat, weiß ganz genau, wie sein Training auszusehen hat. Wenn du dir also einige komplexe Übungen zur Hand nimmst, mit diesen einen Trainingsplan aufstellst und ihn dann den Regeln entsprechend aufbaust, kannst du mit sicheren Ergebnissen rechnen.
Ein weiterer Pluspunkt ergibt sich aus den Mikrozyklen: Diese sorgen nicht nur für ein optimales Muskelwachstum sondern auch für eine ordentliche Portion Motivation. Wer weiß, dass er nach sechs Wochen Vollgas ganze zwei Wochen pausieren wird, der holt in jeder Einheit das letzte aus sich heraus.
Auch ins Übertraining zu kommen ist mit dem HST nahezu unmöglich. Wer sich nach den Regeln richtet und nicht bis zum Muskelversagen trainiert, der ist nach den beiden Ruhewochen immer wieder topfit und bereit für neue Herausforderungen.
Nachteile
Wie jede Methode hat auch das HST seine Schattenseiten, diese ähneln stark denen des HIT.
Denn wie dort wird nur dreimal wöchentlich trainiert. Beim Hypertrophisch-spezifischen Training gehst du dabei nicht einmal an die Belastungsgrenze – das kann den Eindruck machen, man hätte zu wenig getan.
Dazu tragen dann auch die beiden Ruhewochen bei: Wenn du einmal so lange auf Sport verzichten musstest weißt du, wie schwer das ist – und sich anschließend wieder aufzuraffen kann zur echten Belastungsprobe werden.
Der größte Nachteil ist also, dass deine Motivation unter der gefühlt geringen Belastung leidet – wie stark dich dass einschränkt, musst du für dich selbst entscheiden.
Fazit
Dass das Fazit zum HST durchweg positiv ausfällt, ist anhand der langen Liste der Vorteile wohl schon zu erahnen.
Besonders geeignet ist es zum Überwinden vom Plateaus, die bei Split-Trainingsplänen häufig auftreten. Auch wer wenig Zeit zur Verfügung hat, der kann von der wissenschaftlich fundierten Methode profitieren – in dem Fall solltest du aber auch das HIT in Erwägung ziehen.
Wenn du mit deinem aktuellen Trainingsplan keine nennenswerten Erfolge mehr erzielst, solltest du dir also auf jeden Fall das Hypertrophisch-spezifische Training einmal genauer ansehen und einen 8-wöchigen Zyklus ausprobieren – neue Reize garantiert!
Was ist mit dir? Hast du das HST schon einmal ausprobiert?
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