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Crashkurs biologische Wertigkeit – mehr Erfolg mit weniger Protein?

Heute wollen wir uns einmal einem Thema zuwenden, das viel zu oft missverstanden, manchmal überbewertet, manchmal aber auch vollkommen vergessen wird – und auch, wenn die meisten Sportler schon ganz ohne weitere Infos dieses Thema unbewusst berücksichtigen, will ich doch einmal darauf eingehen:

Die Rede ist von der biologischen Wertigkeit.

Die meisten wissen, dass Proteine eine biologische Wertigkeit haben und haben bei der ein oder anderen Eiweißquelle grobe zahlen im Hinterkopf, bei anderen Warnungen aus irgendwelchen Internetforen oder etwaiges Halbwissen, das leider viele als absolute Wahrheiten verbreiten.

Deshalb wollen wir uns heute einmal mit den wichtigsten Fragen rund um die biologische Wertigkeit befassen und unter anderem darauf eingehen, was das überhaupt ist, wie wichtig dieser Wert ist und wie man sich als Sportler ernähren sollte, um sich über diesen Wert keine weiteren Gedanken machen zu müssen.

Aber fangen wir doch einmal mit der grundlegenden Frage an:

Was ist eigentlich die „biologische Wertigkeit“?

Die Definition ist einfach, das Prinzip aber nicht so schnell erklärt, wie andere Begriffe rund um die Ernährung. Im Grunde genommen gibt die biologische Wertigkeit zunächst einmal an, wie gut ein Nahrungsprotein vom Körper in körpereigenes Protein umgebaut werden kann – je höher die Wertigkeit, desto besser wird ein Nahrungsprotein also vom Körper verwertet.

Das wird den meisten jetzt wenig weiterhelfen, denn um das Prinzip dahinter zu erklären, müssen wir etwas weiter ausholen:

Zunächst einmal muss man wissen, dass es neun essentielle Aminosäuren gibt – die kann der Körper nicht selbst herstellen und müssen deshalb mit der Nahrung aufgenommen werden. Dazu gehören Isoleucin, Leucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin, Tryptophan, Valin.

Und jetzt kommt der entscheidende Punkt:

Wie wird die biologische Wertigkeit festgesetzt?

Ganz einfach: Der Körper braucht jede essentielle Aminosäure, um körpereigene Proteine aufzubauen – fehlt nur ein Baustein, hilft es nichts, wenn alle anderen in exorbitanter Menge vorhanden sind.

Enthält jetzt also ein Nahrungsprotein alle essentiellen Aminosäuren in gleicher Menge, hat es ein vollwertiges Aminosäureprofil und damit eine hohe biologische Wertigkeit – ist dagegen auch nur eine der Aminosäuren in geringerer Menge enthalten, sinkt auch die biologische Wertigkeit entsprechend, da dann auch nur die entsprechende Menge der anderen Aminosäuren verwertet werden kann.

Das bedeutet am Ende also, dass ein vollwertiges, ausgeglichenes Aminosäureprofil auch eine hohe biologische Wertigkeit nach sich zieht, da so alle Aminosäuren in ausreichend hoher Menge vorhanden sind und so vom Körper ideal verwertet werden können.

Woran wird die biologische Wertigkeit festgesetzt?

Was die biologische Wertigkeit bedeutet, haben wir jetzt geklärt – angegeben wird sie in einer Zahl. Doch wie wurde diese Zahl festgelegt?

Die Antwort ist so simpel, wie sie nur sein kann: Als man sich das erste mal intensiv mit der biologischen Wertigkeit befasste, war ein ganzes Hühnerei die Quelle mit der höchsten bekannten biologischen Wertigkeit – und so legte man fest, dass ein „Vollei“ die Wertigkeit 100 hat, während alle anderen Lebensmittel in Relation dazu bewertet werden.

Es ist übrigens ein Fehler, die biologische Wertigkeit in „%“ anzugeben, wie man das leider manchmal liest – denn es wird keinesfalls angegeben, wie viel Prozent eines Proteins verwertet werden, der Wert setzt einzelne Lebensmittel lediglich in Relation.

Deutlich sollte das spätestens dann werden, wenn man Proteinquellen mit einer Wertigkeit über 100 sieht – schließlich könnten schlecht mehr als 100% eines Proteins verwertet werden.

Ist die biologische Wertigkeit wichtig?

Das ist natürlich zunächst einmal relativ, also etwas genauer: Ist es für einen Sportler wichtig oder sinnvoll, eine hohe biologische Wertigkeit anzustreben?

Auch hier holen wir wieder aus: Als Sportler haben wir einen erhöhten Proteinbedarf, über dessen genaue Höhe sich die Fachwelt noch immer streitet. Wir nehmen der Einfachheit halber hier einmal 2g pro Kilogramm fettfreier Körpermasse an.

Bei einem 80 Kilogramm schweren Sportler mit 10% Körperfett bedeutet das also, dass er 140g Eiweiß täglich aufnehmen müsste – und zwar als vollwertiges Aminsoäureprofil, denn schließlich kann der Körper nur so das Eiweiß auch in körpereigenes Protein umsetzen.

Je höher die biologische Wertigkeit des aufgenommenen Proteins, desto weniger Protein muss also insgesamt aufgenommen werden, um den Bedarf zu decken – bei einer niedrigen biologischen Wertigkeit dagegen muss die aufgenommene Proteinmenge höher sein.

Die biologische Wertigkeit ist also insofern wichtig, als dass sie die für die Deckung des täglichen Bedarfs nötige Proteinmenge beeinflusst – und damit ist eine hohe biologische Wertigkeit natürlich anzustreben.

Da stellt sich doch eine Frage:

Welche Proteinquellen haben eine hohe biologische Wertigkeit?

Hier zeigt sich ein klarer Trend: Tierische Proteine sind in der Regel besser verwertbar, während die biologische Wertigkeit pflanzlicher Proteine darunter liegt – Ausnahmen bestätigen aber natürlich die Regel.

Die höchste bekannte biologische Wertigkeit bietet Molkenprotein, also das gute, alte Whey, mit einem Wert von bis zu 110. Auch andere Milchprodukte wie Milch oder Käse haben noch eine recht hohe biologische Wertigkeit.

Ansonsten sind auch andere tierische Produkte mit einer hohen biologischen Wertigkeit zu finden – da wären etwa Fleisch, Fisch und natürlich das Vollei, die, je nach genauer Quelle, allesamt mit einer Wertigkeit über 90 daherkommen.

Pflanzliche Proteinquellen mit hoher Wertigkeit sind etwa Soja und Quinoa oder auch Reis und Kartoffeln.

Bevor du dich jetzt aber auf diese Proteinquellen mit hoher biologischer Wertigkeit einschießt, müssen wir noch einen ganz entscheidenden Punkt behandeln:

Was passiert, wenn man Proteinquellen kombiniert?

Wenn eine Proteinquelle ein unvollständiges Aminosäueprofil bietet, wieso kombiniert man sie dann nicht mit einer anderen, die vielleicht die fehlenden Aminosäure in besonders großer Menge mitbringt?

Genau das ist es, was man tun kann, um die biologische Wertigkeit auf die Spitze zu treiben.

Das Paradebeispiel dafür ist die Kombination, die die aktuell höchste bekannte biologische Wertigkeit von 137 bietet: 65% Kartoffel und 35% Vollei sorgen für ein Aminosäureprofil, das man aktuell mit keiner anderen Kombination zu toppen weiß.

Und auch ganz ohne tierische Erzeugnisse lässt sich so eine Wertigkeit von knapp über 100 erzielen: Bohnen und Mais etwa, die einzeln kaum „konkurrenzfähig“ wären, kommen zusammen auf eine Wertigkeit von 101, wenn man sie ungefähr im Verhältnis 1:1 mischt.

Durch die Kombination kann man so selbst Proteinquellen, die einige essentielle Aminosäuren gar nicht erhalten und somit eine Wertigkeit von 0 haben, aufwerten und die Wertigkeit deutlich erhöhen.

Eine ausgewogene Ernährung ist auch deshalb wichtig

Natürlich könnte man auch nur noch auf Proteinquellen zurückgreifen, die eine hohe biologische Wertigkeit aufweisen – aber das wäre für die Gesundheit definitiv nicht von Vorteil, denn die Ernährung wäre sehr einseitig und es würden schnell wichtige Mikronährstoffe fehlen.

Daneben ist es natürlich auch teuer und ethisch wie ökologisch kaum vertretbar, sein Protein nur noch aus tierischen Quellen zu beziehen.

Die bessere Lösung ist es deshalb, bei jeder Mahlzeit mehrere Proteine miteinander zu ergänzen – das sorgt nicht nur für Abwechslung und eine vollständige Mikronährstoffversorgung, sondern auch für eine besonders hohe biologische Wertigkeit.

Achtung: Die biologische Wertigkeit sagt nichts über die „Qualität“ eines Lebensmittels aus

Auch das lese ich leider viel zu oft und ärgere mich dann immer, wie man auf einigen Seiten Halb- oder gar Falschwissen verkauft, als wäre es Expertenwissen. Deshalb weise ich extra noch einmal darauf hin:

Die biologische Wertigkeit sagt einzig und allein, in welchem Maß ein Nahrungsprotein vom Körper zu körpereigenem Protein umgebaut werden kann – und gibt damit lediglich Auskunft über das Aminosäureprofil.

Dinge wie die Makronährstoffverteilung, enthaltene Mikronährstoffe oder gar die „Qualität“ eines Lebensmittels haben mit dieser Kenngröße schlichtweg nichts zu tun.

Deshalb ist es auch keinesfalls sinnvoll, allein auf eine hohe biologische Wertigkeit zu achten – aber das sollte sich den meisten Sportlern von selbst erschließen.

Ein langes Schlusswort mit einfacher Aussage

Die biologische Wertigkeit hängt also vom Aminosäureprofil eines Lebensmittels ab und gibt Aufschluss darüber, wie die Verteilung der essentiellen Aminosäuren ist – und zeigt damit, wie gut das Nahrungsprotein in körpereigenes Protein umgesetzt werden kann.

Für Sportler ist das insofern wichtig, als dass eine hohe biologische Wertigkeit dazu führt, dass sie ihren Bedarf mit einer geringeren Menge Nahrungsprotein decken können.

Die Wertigkeit einiger Lebensmittel ist dabei besonders hoch – durch Kombination verschiedener Lebensmittel kann die Wertigkeit allerdings um ein Vielfaches gesteigert werden.

Und das ist genau der Punkt, der mich zur Kernaussage dieses Textes kommen lässt:

Es ist gut, die Bedeutung der biologischen Wertigkeit zu kennen. Man muss sich aber nicht bei jeder Mahlzeit damit beschäftigen.

Die Lösung ist stattdessen ganz einfach: Kombiniere bei jeder Mahlzeit mehrere Proteinquellen und du wirst dir um die biologische Wertigkeit keinerlei Sorgen machen müssen – und kannst dich stattdessen auf wichtigere Dinge wie die Makronährstoffverteilung konzentrieren.

Auch hier zeigt sich also einmal mehr: Für jeden Menschen, besonders aber für Sportler, ist eine ausgewogene Ernährung die Basis für Gesundheit und sportlichen Erfolg.

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